Schlesien und ich … Ein Plädoyer für eine starke Landsmannschaft Schlesien

Von Dami­an Spielvogel

Es kommt nicht sel­ten vor, dass jun­ge Dok­to­ran­den die Archiv­be­stän­de der Lands­mann­schaft Schle­si­en für ihre Dis­ser­ta­ti­ons­ar­bei­ten nut­zen. Dabei wer­den sehr oft die alten Pro­to­kol­le der Sit­zun­gen durch­fors­tet. Häu­fig ste­hen wir dabei mit Rat zur Sei­te, damit die jun­gen Men­schen die dama­li­ge Zeit bes­ser ver­ste­hen kön­nen. So bekom­men auch wir immer tie­fe­re Ein­bli­cke in die inter­nen his­to­ri­schen Ange­le­gen­hei­ten der Landsmannschaft. 

Die Ver­gan­gen­heit
Es ist schon bemer­kens­wert, welch hono­ri­ge Men­schen — damals, im Gegen­satz zu heu­te, meist Män­ner — sich in der Ver­gan­gen­heit um Schle­si­en und die Lands­mann­schaft Schle­si­en bemüht haben. Man kommt aus dem Stau­nen kaum her­aus, wel­che ver­bands­in­ter­nen Kämp­fe frü­her aus­ge­tra­gen wur­den. Es wur­de um Posi­tio­nen und Ämter aber auch um die (heimat-)politische Aus­rich­tung der Lands­mann­schaft hef­tig gestrit­ten. Es muss damals rich­tig „gekracht“ haben, wenn man die spä­ter sicher­lich mode­rat gefass­ten Nie­der­schrif­ten heu­te liest und ana­ly­siert. Ver­gleicht man jedoch die ent­spre­chen­den offi­zi­el­len Ver­laut­ba­run­gen, so ver­mit­teln die­se ein Bild der Har­mo­nie und der Einig­keit. So soll­te es auch sein: damals wie heu­te! Die Lands­mann­schaft kann man als eine gro­ße (Schicksals-)Familie betrach­ten, die sich zwar wie so oft auch im „ech­ten Leben“ zankt, aber die „Unstim­mig­kei­ten“ blie­ben in den „eige­nen vier Wän­den“. Die in der Mei­nungs­bil­dung unter­le­ge­nen Per­so­nen füg­ten sich der demo­kra­ti­schen Mehr­heit, da für alle durch­ge­hend galt: Erst SCHLESIEN und dann erst ICH

Es gab oben­drein Per­so­nen, die nicht die Mei­nung der Mehr­heit tei­len woll­ten, was mensch­lich ver­ständ­lich ist, die sich jedoch zum Woh­le der Gemein­schaft namens Lands­mann­schaft Schle­si­en aus der lands­mann­schaft­li­chen Tätig­keit zurück­zo­gen. Denn selbst für die­sen Per­so­nen­kreis galt: Erst SCHLESIEN und dann erst ICH. Wei­se Ent­schei­dun­gen der zwei Grup­pen der dama­li­gen Leis­tungs­trä­ger unse­rer Lands­mann­schaft: Man füg­te sich als Demo­krat der Mehr­heit oder man ent­sag­te der wei­te­ren Arbeit, um die Kon­ti­nui­tät der Tätig­keit der mehr­heits­be­sit­zen­den Per­so­nen nicht zu blo­ckie­ren. Welch hono­ri­ge und ehren­wer­te Men­schen, die so ent­schei­den konnten! 

Die Gegen­wart
Nun schrei­ben wir das Jahr 2016 und man wünscht sich vie­ler­orts die Rück­kehr zum alten und sich als gut erwie­se­nen Mot­to: Erst SCHLESIEN und dann erst ICH! Lei­der müs­sen wir immer wie­der fest­stel­len, dass die Rei­hen­fol­ge der Wich­tig­keit umge­kehrt gewor­den ist. Die moder­ne Gesell­schaft mit ihrem gestyl­ten Ich-Den­ken hat lei­der auch Ein­zug bei uns gefun­den. Das ego­zen­tri­sche „Ich-Den­ken“ ersetzt lei­der das so sehr not­wen­di­ge „Wir-Bewusst­sein“. Unse­re Lands­mann­schaft ist aber kein „Ich-Ver­ein“, viel­mehr ist sie eine Gemein­schaft der Schle­si­er, ihrer Nach­kom­men und an Schle­si­en-Begeis­ter­ter. Eigent­lich müss­te sie eine Soli­dar­ge­mein­schaft aller Deut­schen sein, denn Schle­si­en gehör­te nicht nur den Schle­si­ern, son­dern allen Deut­schen. Die kul­tu­rel­len, wirt­schaft­li­chen, wis­sen­schaft­li­chen, lite­ra­ri­schen und ande­ren Leis­tun­gen der Schle­si­er prä­gen die gesam­te Iden­ti­tät Deutsch­lands und der Deut­schen. Was wäre Köln ohne den Dom oder Ber­lin ohne das Bran­den­bur­ger Tor oder die deut­sche Natio­nal­elf, wenn es die Schle­si­er nicht gege­ben hät­te und noch gäbe? Die Rei­he der Bei­spie­le könn­te belie­big fort­ge­setzt werden! 

Was wäre  die Lands­mann­schaft Schle­si­en, wenn sie kei­ne star­ke Gemein­schaft von hono­ri­gen Men­schen wäre? Die Geschich­te der lands­mann­schaft­li­chen Arbeit zeigt uns aber, dass es auch eine Viel­zahl an Ein­zel­per­so­nen, ja an Ein­zel­kämp­fern gab, die allei­ne, ohne Rück­sicht auf die Gemein­schaft, sprich­wört­lich die Welt ver­bes­sern woll­te. Doch was ist aus all die­sen Men­schen und ihren Allein­gän­gen geblie­ben? Nur ein paar Namen, an die sich kaum noch jemand erin­nern kann? Oder viel­leicht eini­ge Ris­se in der lands­mann­schaft­li­chen Arbeit? Ja, genau das ist übrig geblieben! 

Nichts mehr und nichts weni­ger … letzt­end­lich haben sol­che Allein­gän­ge unse­rer Arbeit und Schle­si­en gescha­det! Sie split­ter­ten unse­re Kräf­te und die not­wen­di­ge Geschlos­sen­heit im Rin­gen um Schle­si­en. Hät­ten die­se Per­so­nen nach der Losung „Erst SCHLESIEN und dann erst ICH“ gehan­delt, wäre die Lands­mann­schaft heu­te viel stärker. 

Trotz aller Tie­fen und Höhen besteht die Lands­mann­schaft Schle­si­en wei­ter­hin, weil es eine Gemein­schaft von vie­len „klei­nen und hono­ri­gen Men­schen“ ist, die inner­halb die­ser ihr Bes­tes tun. In der Geschlos­sen­heit liegt die Stär­ke die­ser Gemein­schaft! So muss es sein, jetzt und in der Zukunft! Wir wer­den nicht mehr, die in der lands­mann­schaft­li­chen Arbeit ste­hen, daher kön­nen wir uns kei­ne „Allein­gän­ge“, aus wel­chem Grund auch immer, mehr leis­ten. Unei­nig­kei­ten, Irri­ta­tio­nen, unter­schied­li­che Mei­nun­gen oder Auf­fas­sun­gen gab es und wird es immer geben. Dies zeigt unmiss­ver­ständ­lich, dass wir eine leben­di­ge Gemein­schaft mit mün­di­gen Strei­tern sind. Wäre es nicht so, bedeu­te dies, dass wir einer Gleich­schal­tung oder dem „Ver­eins­tod“ zum Opfer gefal­len sind. Doch auch zukünf­tig muss nach wie vor gel­ten: Erst SCHLESIEN und dann erst ICH

Die Gemein­sam­keit
Wie zukunfts­wei­send war und ist das Mot­to des letz­ten Deutsch­land­tref­fens der Schle­si­er! „Gemein­sam für Schle­si­en!“, nur so bleibt die Lands­mann­schaft Schle­si­en ein Sprach­or­gan Schle­si­ens und der Schle­si­er, egal wo und wann sie gebo­ren wur­den. Nur so kann Schle­si­en wie­der in das Bewusst­sein aller Deut­schen, aber auch in das der jetzt in Schle­si­en woh­nen­den neu­en Men­schen, für die Schle­si­en mitt­ler­wei­le eben­falls zur Hei­mat gewor­den ist, näher gerückt wer­den. Gemein­sam für Schle­si­en besagt auch, wenn man es genau betrach­tet, die alte Richt­schnur: Erst SCHLESIEN und dann erst ICH! Wenn wir es mit Schle­si­en ernst mei­nen, dann müs­sen wir die Lands­mann­schaft Schle­si­en in Geschlos­sen­heit stär­ken. Las­sen wir Groll, Ver­let­zun­gen oder Ent­täu­schun­gen hin­ter uns. Wid­men wir uns der Zukunft, die wir noch steu­ern kön­nen. Die Ver­gan­gen­heit kön­nen wir nur immer wie­der in Erin­ne­rung brin­gen, doch ändern kann man sie nicht mehr. Wer aus­schließ­lich in der Ver­gan­gen­heit schwelgt, der hat die Zukunft schon jetzt ver­spielt. Wer bei unse­rer Arbeit das ICH vor dem WIR vor­an­stellt, der läuft der Gefahr, die Zukunft Schle­si­ens und der Lands­mann­schaft Schle­si­en zu gefähr­den. Wol­len wir das? Wol­len wir das Werk unse­rer Vor­fah­ren so leicht­sin­nig aufs Spiel set­zen? Man­che haben es ver­sucht und sind kläg­lich geschei­tert, doch die Lands­mann­schaft, auch wenn mit eini­gen Nar­ben, hat überlebt. 

Die Zukunft
Von Peter Groß­pietsch stammt fol­gen­der Leit­spruch: „Spu­ren hin­ter­las­sen“. Genau, so muss auch unser Han­deln in der Zukunft sein. Es sol­len eben schle­si­sche Spu­ren des Erfolgs sein! Die Spu­ren der Vor­fah­ren müs­sen immer wie­der gesi­chert wer­den. Wir müs­sen außer­dem für neue sor­gen. Spu­ren hier in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land aber auch in Schle­si­en selbst. Wer sol­che Spu­ren hin­ter­lässt, reiht sich in die Rei­he der „hono­ri­gen und ehren­wer­ten Män­ner der Lands­mann­schaft“ der ers­ten Grün­dungs- und Bestehens­jah­re ein. Wer anders han­delt, hin­ter­lässt – lei­der! – „Spu­ren der Ver­wüs­tung“. Wol­len wir es so, wol­len wir es bil­li­gend in Kauf neh­men, nur weil wir die Rei­hen­fol­ge von „Schle­si­en“ und „ich“ anders gesetzt sehen wol­len? Nein! Das kön­nen und wol­len wir als Gemein­schaft nicht zulassen. 

Gerad­li­nig­keit und Ehren­haf­tig­keit müs­sen des­halb auch wei­ter­hin die Leit­li­ni­en unse­rer gemein­sa­men Arbeit sein. Denn nur gemein­sam kön­nen wir Erfolg haben. Getreu einem wei­te­ren Wahl­spruch von Groß­pietsch: „Man muss stets das Gan­ze vor den Tei­len sehen!“ Gerad­li­nig­keit und Ehren­haf­tig­keit, um es zu wie­der­ho­len, sol­len unse­re Arbeit für die schle­si­sche Hei­mat kenn­zeich­nen. Das sind wir unse­rer Hei­mat und unse­ren Vor­fah­ren und unse­ren Kin­dern schuldig. 

Aus der Ver­gan­gen­heit für die Zukunft!
SCHLESIEN und ICH“ sind, in die­ser Rei­hen­fol­ge, ein Garant für den Erfolg der Losung „Gemein­sam für Schlesien!“. 

Über­las­sen wir die Zukunft nicht Anderen. 

Gestal­ten wir zusam­men, in Einig­keit der Viel­falt unse­rer Mei­nun­gen und Vor­stel­lun­gen, die Zukunft Schle­si­ens und der Lands­mann­schaft Schle­si­en, damit „unser Schle­si­en“ nicht nur zu einer Erin­ne­rung des Gewe­se­nen redu­ziert wird.  Getreu dem Aus­spruch von Dr. Her­bert Hup­ka „Schle­si­en lebt!“ packen wir gemein­sam an. 


ps Pres­se­dienst Schle­sien Nr. 02/2016
Pres­se­in­for­ma­tio­nen der Lands­mann­schaft Schle­sien — Nie­der– und Ober­schle­sien e.V.
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