Osterbrauchtum
Gründonnerstag und Ostern
In den Gebirgsgegenden war es am Gründonnerstag üblich, dass die Jungen mit Schnarren und Klappern von Haus zu Haus zogen, um die Gründonnerstag-Gaben einzusammeln. In vielen Gegenden wurde ein grünes Essen gekocht. Meist war das eine Suppe aus mehreren grünen Kräutern, die Gesundheit für das ganze Jahr schenken sollte.
Auch am Karfreitag zogen die Ministranten mit ihren hölzernen Ratschen klappernd durchs Dorf, um die Gemeinde zum Gottesdienst zu holen, da bis Ostersonntag die Kirchenglocken schweigen mussten.
Die Auferstehungs-Andacht, die der Fastenzeit ein Ende setzte, fand in Schlesien wohl überall am Ostersonnabend nachmittags statt. In vielen Gegenden war danach das Osterschinkenessen. Dabei wurde der Magen für die lange Fastenzeit reichlich entschädigt. Ein saftiger Schinken war in einen Brotteig gebacken worden und bekam dadurch einen feinen, aromatischen Geschmack.
Sehr vielseitig war die Zubereitung des Ostergebäcks. Üblich war der Osterzopf, in dem am oberen Ende ein Ei eingebacken wurde. Natürlich war auch der Teig besser als im übrigen Jahr. In ganz Schlesien war das Gaalbrutel – ein Gelbbrot – üblich. Zum Hefeteig, der mit Rosinen und Mandeln zubereitet wurde, gab man Safran hinzu und verstärkte so seine gelbe Farbe. Der Streuselkuchen und die über alles geliebte Moh-Babe durften natürlich nicht fehlen, sonst wäre es ja kein Fest gewesen.
Das Ostereiersuchen am Ostermorgen war für die Kinder wiederum eine ganz besondere Freude. Die Mutter färbte gekochte Eier mit Saatgrün und Zwiebelschalen. Eine alte Technik war es, in die einfarbigen Eier mit einer Rasierklinge aufwendige Pflanzen- oder Blumenranken zu ritzen. Der Hase legte die Eier in die von den Kindern gemachten Moosnester. Oft gab es auch noch andere kleine Geschenke.
Osterwasser
Das „Osterwasserholen“ ist auch eine Tradition noch aus der heidnischen Zeit. Wasser ist seit jeher das Ur-Symbol und Sinnbild des Lebens. Als „Osterwasser“ wird das Wasser bezeichnet, das nach dem alten Volksbrauch am Ostermorgen noch vor Aufgang der Sonne — stillschweigend und unbeobachtet — aus einer Quelle, einem Bach oder einem Fluss geschöpft wird. Das wurde vorwiegend von den jungen Frauen und Mädchen ausgeübt.
Dem Volksglauben nach soll dieses Wasser besonders lange halten und nicht verfaulen, sondern trinkbar bleiben, wenn es an einem schattigen, kühlen Ort aufbewahrt wird. Es soll zudem, wenn man sich damit wäscht, besonders feine Haut geben und bei Augenkrankheiten helfen. Ihm wurde neben der Heilkraft auch die Förderung der Fruchtbarkeit nachgesagt, wenn sich die jungen verheirateten Frauen mit dem Wasser wuschen.
Sogar das Vieh wurde früher am Ostermorgen in die Wasserstellen getrieben, damit es sich waschen und davon trinken konnte, und somit von Krankheiten verschont bleiben sollte. Alternativ besprengte man die Personen und das Vieh mit dem Wasser. Und wer verliebt war, sollte das Osterwasser nur auf die Person seiner Träume sprenkeln, die dann die Zuneigung erwidern würde.
Wie schon gesagt: Der Weg zur Wasserschöpfstelle und zurück musste stillschweigend und unbeobachtet geschafft werden. Es durfte weder gelacht noch ein Wort gesprochen werden, weil sonst das Osterwasser keine Wirkung mehr haben würde.
Das mit dem „stillschweigend und unbeobachtet“ war natürlich eine Herausforderung. Die Burschen und jungen Männer versuchten, die Frauen beim Osterwasser holen zu erwischen. Sie boten ihnen Haarsiebe an, um damit das Wasser zu schöpfen. Sie machten Faxen oder erzählten Witze und versuchten auf diese Weise, die Mädchen zum Lachen zu bringen oder sie in ein Gespräch zu verwickeln. Die Frauen hatten also ihre liebe Not, das Osterwasser mit seiner besonderen Wirkung „heil“ nach Hause zu bringen.
Schmackuster
Der Brauch, insbesondere junge Frauen im Zuge von Frühlingsfeiern mit der Lebensrute zu schlagen, war speziell in Schlesien weit verbreitet. Er stammt auch noch aus vorchristlicher Zeit. Zumindest ist er analog zu Fruchtbarkeitsritualen zu verstehen, mit denen das Wiedererwachen der Natur nach dem Winter gefeiert wurde.
Für das Schlagen mit der „Schmackuster“, wie die Lebensrute in Schlesien auch genannt wurde, existieren verschiedenste regionale Bezeichnungen wie z.B. fitzeln, frischschlagen, fudeln, futteln, gesundschlagen oder auch das kindeln.
Ähnliche Bräuche sind zudem etwa aus der römischen Antike überliefert. Von Historikern wird dieser Brauch auch als „Schmigoster oder Schmeckoster“ beschrieben. Das Wort sei eine Ableitung von schmecken oder schmacken – was hauen oder peitschen bedeutet, oder von smack, das ist der Schlag. Und ‑oster sei die Liebste oder ein geliebter Mensch. Mit Ostern habe diese Ableitung allerdings nichts zu tun.
Üblicherweise wurde in Schlesien Schmackuster freilich am zweiten Ostertag praktiziert. Zur Vorbereitung hatte man lang vorher in der warmen Stube dünne Wacholderzweige oder Birkenreiser zum Grünen gebracht. Oder man flocht Weidengerten zu Ruten (der Schmackuster) und schmückte diese mit bunten Bändern.
Mit diesen Ruten zogen schon sehr früh morgens die jungen Burschen zu ihren Mädchen, damit sie diese gewiss noch im Bett antrafen. Nach Möglichkeit schlich man sich zu der noch Schlafenden hin, hob die Bettdecke hoch und teilte die leichten Hiebe auf die unbedeckten Arme und Beine aus.
Durch das Schlagen sollte nicht nur die Kraft und Tüchtigkeit der zur Arbeit unentbehrlichen Glieder gefördert werden, sondern auch die Fruchtbarkeit, wobei hier Arme und Beine als Ersatz für andere Körperteile dienen sollten. Eltern wurden auch sehr gern von ihren Kindern heimgesucht, indem sie von ihnen auf den nackten Po geschlagen wurden.
Indessen mussten sich die Peiniger beeilen, denn: Waren die Leute erst einmal aufgestanden, entwanden sie die Ruten und schlugen nun ihrerseits auf die Eindringlinge ein. Dazu wurden die sogenannten „Heischesprüche“ aufgesagt:
- Oster, Schmackoster, gib Eier und Speck, vom Kuchen ein Eck – sonst geh ich nicht weg!
- Eins, zwei, drei, hier kommt die Futtelei. Gibst du mir kein Ei, so schlag ich dir das Hemd entzwei.
- Oster, Schmackoster ist hier! Drei Groschen zum Bier, drei Bier und ein Stück Speck, erst dann geh ich weg!
- Madla, Madla, loß dich peitscha, doaß dich ni de Flehlan beißa:
Gim mer a E, oder zwe, und a Stickla Usterkucha, ich war dich hinger draußa sucha.
Anschließend wurden die zum Schmackuster gekommenen Burschen von den Mädchen mit Osterkuchen und Osterschnaps bewirtet.